Linie Unsere Stadt
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Gradierwerk

Fachlich gesehen ist ein Gradierwerk eine technische Anlage, die der Salzgewinnung aus Sole sowie Erhöhung der Salzkonzentration und der Verbesserung der Qualität des Salzes dient. Sülze ist der "Ort an der Salzquelle" und seine Salinen sind schon vor 1229 belegt. Unsere Salzstadt war einst baulich und wirtschaftlich geprägt von sechs riesigen Gradierwerken, die sich durch die halbe Stadt zogen. Zu den Gradierwerken der Saline gehörten u.a. „Der lange Bau“, der „Eckgradierbau“ und der „Siedebau“ in einer langgezogenen Z-Form im Osten der Saline sowie der „Friedrichsbau“ im Westen. Zuletzt entstand ab 1817 im Norden der in Form eines großen stumpfwinkligen U angelegte „Ludwigsbau“, der die Recknitz überspannte. Die aus Holz gezimmerten Gradierwerke waren mit Höhen von 10 bis 15 Metern und ihren aufgesetzten Windmühlen weithin sichtbare Bauten, die das Ortsbild von Sülze über fast zwei Jahrhunderte prägten. Ihre Gesamtlänge betrug über 1,3 Kilometer.

Der Friedrichsbau, war das letzte Gradierwerk, was 1944 durch einen Blitzschlag stark beschädigt und 1970 leider abgerissen wurde.

Die unterirdische Sole ist geblieben, die Tradition ist in guter Erinnerung und das wohl kleinste Gradierwerk Deutschlands steht nun funktionstüchtig an unserem Salzmuseum-Mecklenburg. Es dient weniger der Salzgewinnung als mehr der Genesung der Atemwege durch versprühte Sole oder wird einfach nur genutzt, um die frische Salzluft zu genießen. Die Vision vom Wiederaufbau eines der großen, das Stadtbild prägenden, Gradierwerke ist geblieben.

In einem Gradierwerk tropft salzhaltiges Wasser über aufgeschichtetes Dornenreisig, wobei ein Teil des Wassers verdunstet. Der Salzgehalt des Wassers kann so von fünf auf bis zu zwanzig Prozent erhöht werden. Mittels der Gradierwerke wurde jedoch nicht nur der Kochsalzgehalt der anfänglich nur fünfprozentigen Sole erhöht und damit erheblich Brennstoff eingespart, sondern als Nebeneffekt erfolgte mit dem Gradieren auch eine Reinigung der Sole von unerwünschten Bestandteilen (Kalke, Gips, Moorsubstrate). Denn zur Wasserverdunstung wurde die Sole über Pumpen, „die von Windmühlen und Göpelwerken getrieben wurden, über die etwa zwölf Meter hohen und sechzig bis dreihundert Meter langen Dornenwände geleitet. Der Vorgang wurde mehrfach wiederholt. Diese Dornenwände bestanden aus eng geschichteten Reisigbündeln. Verwendet wurde dafür in geringerem Maße Weißdorn (Crataegus monogyna), jedoch überwiegend Schlehe (Prunus spinosa), auch Schwarzdorn genannt, weil dieser mit seinen vielen Zacken und Spitzen eine große Verteilung des herunterrieselnden Wassers in einzelne Tropfen verursacht.